Der erste Tag einer Olympiade ist immer dicht gefüllt, und zwar, wie eigentlich das gesamte IOI-Programm, nach einem ziemlich standardisierten Schema: Practice Session, Stadtbesichtigung, Eröffnungsfeier – und dann geht es für die Teamleitung auch schon an die Auswahl und Übersetzung der Aufgaben. So blieb keine Zeit für eine weitere Meldung. Jetzt läuft der Contest bzw. für die Teamleitung die IOI Conference. Da dort die Vorträge nicht alle gleichermaßen spannend sind, gibt es ein wenig Luft zum Schreiben.
Bei der Practice Session lief alles rund, die Stadtbesichtigung vermittelte Eindrücke, wie sich in Bulgarien europäische und orientalische Einflüsse vermischen – und antike, Plovdiv hat eines der größten erhaltenen römischen Amphitheater, das erst in den 1970er Jahren entdeckt wurde. Bei der Eröffnungsfeier waren immerhin der bulgarische Präsident und die Bildungsministerin anwesend. Die Veranstalter feierten den Geburtstag der IOI und sich selbst: Die erste IOI hatte 1989, also vor 20 Jahren, ebenfalls in Bulgarien stattgefunden. Netterweise waren einige der Teilnehmer von damals eingeladen, darunter der bereits erwähnte damalige Goldmedaillengewinner Markus Kuhn.
Leider hatte der Präsident nur am Abend Zeit, so dass das Programm stark nach hinten verschoben wurde. Man addiere die langwierige Essensausgabe für die Teamleiter mit dem Resultat, dass die Aufgabenauswahl erst um 22.00 Uhr begann. Bis die Aufgaben übersetzt, ausgedruckt und abgegeben waren, war es etwa halb vier – puh! Immerhin lohnte sich das Übersetzen, denn außer an Luxemburger, Österreicher, Schweizer und Deutsche wurden die deutschen Fassungen auch an ein Mitglied der italienischen Mannschaft verteilt, einen Südtiroler: die erste Premiere.
Die zweite Premiere (zumindest so weit ich mich erinnere): Bei dieser IOI werden in jeder Klausur vier statt drei Aufgaben gestellt. Darunter soll eine besonders leichte Aufgabe sein, für die die Teilnehmer schon während der Klausur erfahren können, ob sie mit ihrer Lösung richtig liegen (full feedback). Dies soll insbesondere den weniger starken Teilnehmern zu mehr Punkten verhelfen; in den letzten beiden Jahren gab es wieder mal sehr viele sehr niedrige Punktzahlen. Es wird sich herausstellen, ob das funktioniert; ob es nötig ist, ist eine weitere Frage, denn es gab auch schon eine Reihe von IOIs oder anderen Olympiaden (etwa die CEOI 2003 in Deutschland) mit drei Aufgaben pro Klausur, in denen die Ergebnisse sehr vernünftig ausgefallen sind.
Ein offensichtliches Problem mit einer weiteren Aufgabe ist die zusätzliche Zeit, die für das Lesen (und Lösen) zu verwenden ist. Vor der IOI gab es dazu eine Erklärung: „For all tasks, but especially for the easiest one, we will aim for a simple and short problem statement.“ Das ging daneben: Alle Aufgabentexte hatten zwei Seiten, manche davon eine ganze Seite Aufgabenbeschreibung (also ohne die Spezifikation von Ein- und Ausgabeformat und ohne Beispiele). Durch die Übersetzung wurden die Texte für viele Länder auch nicht kürzer. Man darf gespannt sein, was die Teilnehmer davon halten.
Die sind mittlerweile (ja, ich wurde beim Schreiben unterbrochen, nämlich vom Mittagessen) mit der ersten Klausur fertig. Ergebnisse folgen.